Blinde Eltern - Wertvolle Tipps von blinden Menschen, die erfolgreich Kinder großgezogen haben

2018-08-06 | Von Orcam Staff

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Blinde Eltern - Wertvolle Tipps von sehbehinderten Menschen

Eltern sein, ist ein ziemlich harter Job. Die Versorgung eines Säuglings erfordert in der Regel alle Aufmerksamkeit und Sinne. Das Baby braucht regelmäßig Nahrung, es müssen Windeln gewechselt, Schlaflieder gesungen und Arztbesuche organisiert werden. Der Job fordert bereits Eltern alles ab, die mit allen Sinnen ausgestattet sind. Versuchen Sie sich vorzustellen, all diese Aufgaben als blinder Mensch zu übernehmen. Hier sind einige Tipps und alternative Techniken von sehbehinderten Eltern, die die Prüfung der Elternschaft mit Bravour bestanden haben.

Seien Sie geduldig:

Blindheit bedeutet oft, dass die Dinge etwas länger dauern als bei einem Sehenden. Baden, Windeln wechseln und Essen zubereiten sind einige Beispiele für Aufgaben, die für Nicht-Sehende etwas mehr Geduld erfordern. Viele blinde Eltern mussten erst erkennen, dass ein langsames Vorgehen völlig in Ordnung ist. Wenn man sich erst einmal mit den Aufgaben auseinandersetzt, die etwas länger dauern, entwickelt man ein Gefühl dafür und der Faktor Zeit wird weniger bedeutsam.

Beschriften Sie wichtige Dinge in Blindenschrift:

Ob verschiedene Medikamente, Gläser mit Babynahrung oder Spielzeug – es ist immer hilfreich zu wissen, was Sie Ihrem Kind in die Hand geben. Die klare Beschriftung in Blindenschrift bereits beim Kauf macht das Leben leichter. Für wichtige Dinge wie Medizin kann es sich auch lohnen, komplexe Gebrauchsanweisungen in Blindenschrift aufzuschreiben. Auf diese Weise können Sie unabhängig und verantwortungsbewusst handeln.

Verwenden Sie technische Hilfsmittel wie OrCam MyEye oder Braille Tales, um Ihren Kindern vorzulesen:

Mehrere Studien haben wesentliche Vorteile des frühen Lesens für die Entwicklung von Kindern aufgezeigt. Hier gibt es alternative Techniken, die es sehbehinderten Eltern ermöglichen, ihren Kindern vorzulesen. Holly Bonner, Bloggerin und blinde Mutter von zwei jungen Töchtern, benutzt etwa die kleine Hightech-Kamera OrCam MyEye, um ihren Töchtern Kinderbücher vorzulesen. Dafür wird das kleine Gerät einfach per Magnet an einer Brille befestigt und erkennt dann den geschriebenen Text. Bonner unterstützt auch Braille Tales, eine Organisation, die den teilnehmenden Familien sechs kostenlose Print-/Braille-Bücher pro Jahr anbietet.  Dieses Programm ermöglicht es Eltern, ihren Kindern ansprechende und altersgerechte Bücher vorzulesen.

Sehen Sie sich an wie Jan Kazanci, welcher aufgrund von einem Glaukom sehbehindert ist, darüber spricht, wie OrCam seinen Alltag positiv verändert hat:

Vertrauen Sie auf Ihre anderen Sinne:

Blinde Eltern empfehlen, Berührungen als alternativen Sinn zu verwenden. Indem Sie Ihre Kinder berühren, können Sie sagen, was sie halten, was sie essen und welchen Unfug sie anrichten. Eine weiterer „Trick“ vieler blinder Eltern, ist das Anbringen von kleinen Glöckchen an den Schuhen ihrer Kinder. Auf diese Weise können Sie die Bewegungen und den Aufenthaltsort der Kinder nachvollziehen.

Nehmen Sie den Unterschied an und machen Sie sich keine Sorgen:

Viele blinde Eltern machen sich Vorwürfe, nicht so viel tun zu können wie sehende Eltern. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder eine „normale Kindheit“ haben können. Aber die Kinder werden ohnehin wissen, dass Sie anders sind. Wie Holly Bonner sagt: “Ja, wir mögen in der Dunkelheit leben, aber wir erhellen ihre Welt mit unserer Gegenwart. Unsere Kinder glauben, dass wir die erstaunlichsten und schönsten Geschöpfe sind, die diese Erde zieren.” Das allein sollte als tägliche Erinnerung dienen, wie besonders Sie für Ihre Kinder sind.

Scheuen Sie sich nicht, Verantwortung zu teilen:

Blinde Eltern sollten erkennen, dass sie mit Hilfe ihres Ehepartners, der Großeltern, Tanten, Onkeln, älteren Kindern und Kindermädchen eine wohlverdiente Pause einlegen können. Es ist nicht peinlich, um Hilfe zu bitten. Das verstehen Blinde oft besser als die meisten sehenden Eltern. Indem Sie sich an ein Unterstützungsnetzwerk wenden, das Ihnen beim Füttern, bei den Hausaufgaben oder auch nur beim Herumalbern hilft, können Sie sich Freiräume schaffen, die Zeit für Arbeit, Freizeit oder Hobbys ermöglichen.

Bei aller Skepsis, die einem von außen manchmal entgegenschlägt: Bei der Elternschaft geht es um die Person, die man ist, nicht um die Behinderung, die man hat. Für weitere Informationen zur blinden Elternschaft können Sie den örtlichen Blindenverband oder Holly Bonner’s Blog (https://blindmotherhood.com/) aufsuchen.