Blindengerechter Arbeitsplatz: Neue Hilfsmittel erleichtern den Einstieg
2018-02-19 | Von Orcam Staff
Vielfalt zahlt sich aus. Immer wieder weisen Studien darauf hin, dass die Produktivität und Kreativität in heterogenen Teams signifikant höher ist. Ob in öffentlichen Einrichtungen oder privaten Unternehmen – mit ihren persönlichen Stärken und ihrer besonderen Perspektive sind gerade blinde Mitarbeiter für viele Arbeitgeber eine große Bereicherung. Neue Hightech-Hilfsmittel wie die Minikamera OrCam helfen Betroffenen im Büro selbständig zu agieren und erleichtern die Einrichtung eines blindengerechten Arbeitsplatzes.
Mehr als 10 Millionen Deutsche leben heute mit einer Behinderung. Vielen von ihnen merkt man das – wenn überhaupt – erst auf den zweiten Blick an. Sie haben gelernt, sich von ihren Handicaps nicht einschränken zu lassen und bringen sich auch beruflich in ganz unterschiedlichen Bereichen ein. Dank moderner Hilfsmittel sind insbesondere blinde und stark sehbehinderte Mitarbeiter keineswegs mehr auf handwerkliche oder künstlerische Tätigkeiten beschränkt. Sie können viele völlig normale Büroaufgaben problemlos übernehmen.
Auch der Gesetzgeber nimmt größere Unternehmen und öffentliche Einrichtungen deshalb in die Pflicht, Menschen mit besonderen Handicaps einzustellen. Bereits ab 20 festen Teammitgliedern sollte ein Arbeitsplatz an eine schwerbehinderte Person vergeben werden. Firmen und Institutionen, die sich daran nicht halten, müssen eine Ausgleichsabgabe leisten. Ein guter Grund mehr, auch Fachkräfte mit eingeschränkter Sehkraft für freie Stellen in Betracht zu ziehen.
Welche Arbeitsbereiche sind für Blinde geeignet?
Auch wenn die passenden Arbeitsbereiche sehr individuell sind, kann man doch sagen, dass Tätigkeiten bei denen es viel um Grafik und Design geht eher ungeeignet für blinde Mitarbeiter sind. Besser geeignet sind hingegen Einsatzorte bei denen eher mit Datenbanken, Textverarbeitung, Telefonberatung und digitaler Kommunikation (E-Mail, Onlinekommunikation) gearbeitet wird.
Bei der Einrichtung des blindengerechten Arbeitsplatzes unterstützen in der Regel die Integrationsämter und ihre Fachdienste.
Dort können auch Fragen wie diese beantwortet werden: Welcher Aufwand erwartet uns, wenn wir einen Mitarbeiter mit eingeschränkter Sehkraft einstellen? Wie muss ein Arbeitsplatz aussehen? Wie können wir die Kommunikation am besten gestalten? Und wird sich der blinde Mitarbeiter überhaupt bei uns orientieren können?
Blindengerechter Arbeitsplatz wird mobiler
Bisher war ein blindengerechter Arbeitsplatz oft auf einen Ort begrenzt. So waren die Lesegeräte der Vergangenheit meist schwer und unhandlich. Um Texte über große Lupenfunktionen zu erfassen, musste häufig der Kopf gedreht werden, was zu Muskelverspannungen führte. Mit neuartigen mobilen Hilfsmitteln wie der Minikamera OrCam MyEye finden sich blinde Teammitglieder heute in nahezu allen Arbeitssituationen fast ebenso gut zurecht wie ihre normalsichtigen Kollegen. Vor allem bei Tätigkeiten, in denen das Lesen eine große Rolle spielt, helfen mobile Hilfsmittel wie die OrCam. Zudem sind durch das Lesegerät in der Regel keine speziellen Punktdrucker mehr nötig, weil alle Dokumente einfach mit der Minikamera gelesen werden können.
Die kleine Hightech-Kamera kann unkompliziert und unauffällig an jedem gängigen Brillengestell angebracht werden. Sie ermöglicht es ihrem Träger, sich Texte jeder Art in Sekundenschnelle – und für andere kaum wahrnehmbar – vorlesen zu lassen. Zudem merkt sie sich Produkte, Geldscheine, Farben und sogar Gesichter. Ob am Computer, im Meeting oder auf der Dienstreise – dank OrCam sind blinde Mitarbeiter selbständig und können sich überall einbringen.
Das Gerät liest Briefings vor, identifiziert die Beschilderung von Türen, erkennt Kollegen und bietet Sicherheit beim Hantieren mit Geldscheinen. Neben dem Blindenstock und ggf. besonderer Computer-Software ist sie in vielen Fällen dadurch das einzige weitere Hilfsmittel, dessen Anschaffung unbedingt nötig ist. Ein blindengerechter Arbeitsplatz kann dann je nach Tätigkeitsfeld erweitert werden, zum Beispiel um spezielle Software, welche die Sprachausgabe mit Braillezeilen kombinieren.
Vorteil der OrCam: Im Gegensatz zu älteren Hilfsmitteln und dem Erlernen der Brailleschrift funktioniert die Nutzung der OrCam intuitiv und ohne aufwändige Lernphase.
Arbeitsassistenz beantragen
Wenn Technik allein nicht ausreicht, ist das Einsetzen einer sogenannten Arbeitsassistenz denkbar. Dies sind Helfer, die die Schwächen des betroffenen Mitarbeiters ausgleichen können. Der Rechtsanspruch auf eine solche Assistenz ist im SGB IX geregelt. Dort beschreibt § 102 Absatz 4 SGB IX die genaue Rechtslage. Anträge werden beim Integrationsamt oder dem zuständigen Rehaträger entweder vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer gestellt.
Finanzielle Unterstützung für Hilfsmittel
Die gute Nachricht: die OrCam ist als offizielles Hilfsmittel anerkannt und man hat somit gute Chancen auf eine Unterstützung durch die Krankenkassen. Auch andere zuständige Kostenträger wie das Fachintegrationsamt unterstützen Arbeitgeber in der Regel finanziell, auch wenn es immer eine Einzelfallentscheidung braucht.
Neben den finanziellen Fragen, gibt es auch ganz praktische Rahmenbedingungen, an die man denken sollte. Jeder Mitarbeiter ist unterschiedlich und hat seine besonderen Bedürfnisse. Plötzliche Stolperfallen, verstellte Arbeitsutensilien oder unnötiger Bürolärm bereiten blinden Mitarbeitern beispielsweise oftmals Schwierigkeiten bei der Orientierung. Persönliche Rücksichtname und offene Kommunikation – sei es schriftlich oder mündlich – sind deshalb auch im Umgang mit sehbehinderten Teammitgliedern das A und O.
Fazit: ein blindengerechter Arbeitsplatz kann mit neuer Technik heute einfacher eingerichtet werden. Dennoch ist Technik nicht alles – es muss auch eine inklusive Kultur geben, um ein Miteinander erfolgreich zu gestalten.
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